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Islamunterricht an Schulen - Antwort des Bildungsministers

16.08.2016, Newsletter 11/2016

Aus Anlass der aktuellen öffentlichen Diskussion um die Rolle der Islam-Verbände in Deutschland hatte die Landeselterninitiative für Bildung Bildungsminister Ulrich Commerçon in einem Brief um Auskunft gebeten, wie gewährleistet sei, dass bei dem derzeit laufenden "Modellversuch islamischer Religionsunterricht im Saarland“ direkte oder indirekte Einflüsse der politischen Führung der Türkei ausgeschlossen werden. Darüber haben wir im letzten Newsletter berichtet. Hier nun die Antwort des Bildungsministers wenige Tage später:

"Ich freue mich sehr, dass die Landeselterninitiative für Bildung e.V. das Angebot des Islamischen Religionsunterrichts (IRU) für unsere muslimischen Kinder zu schätzen weiß. Denn mit diesem Unterricht ermöglichen wir endlich, dass Grundschulkinder mit muslimischer Religionszugehörigkeit ein Angebot wahrnehmen können, welches Kinder christlicher Religionszugehörigkeit im Katholischen bzw. Evangelischen Religionsunterricht schon seit Jahrzehnten in den Schulen vorfinden: Die eigene Glaubenstradition gemeinsam mit erfahrenen und bewährten Lehrkräften auch im geschützten Raum der Schule unter staatlicher Aufsicht kennenzulernen. 

Auch ich verfolge die aktuellen Diskussionen rund um die Islam-Verbände und die besorgniserregenden innenpolitischen Entwicklungen in der Türkei aufmerksam. Ihre Sorge, die türkische Regierung könnte über die Lehrkräfte Einfluss auf den Islamischen Religionsunterricht nehmen, teile ich nicht. Wir haben – das kann ich Ihnen versichern – der Auswahl der Lehrkräfte ein sehr akribisches Verfahren zugrunde gelegt. Die beiden ausgewählten Lehrkräfte, die seit dem vergangenen Schuljahr an vier Grundschulen im Saarland den Islamischen Religionsunterricht erteilen, sind in Deutschland ausgebildete Pädagog_innen, die bereits zuvor im staatlichen Schuldienst standen und für die Einhaltung aller rechtlichen und pädagogischen Grundsätze einstehen. Sie verfügen über eine enge Anbindung an das Studienseminar und wurden und werden fachlich in Fortbildungsveranstaltungen am LPM weiterqualifiziert. Diese Lehrkräfte haben und verdienen unser vollstes Vertrauen. Die Schulaufsicht hat die Einführung des IRU nicht nur mit größter Sorgfalt vorbereitet und betreut, sondern auch regelmäßig Besuche in den Klassen durchgeführt. Wir konnten dabei Erstklässler erleben, die Spaß am Unterricht und Interesse an der Auseinandersetzung mit dem Thema hatten.

Zudem haben wir bei der Kooperation zum Islamischen Religionsunterricht von Anfang an auf eine breite und ausgewogene Repräsentanz aller muslimischen Verbände gesetzt. Beteiligt sind dabei nicht nur der DITIB Landesverband Saar e.V., sondern gleichberechtigt der Landesverband Islamischer Kulturzentren e.V. (LVIKZ), die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG), die Islamische Gemeinde Saarland (IGS), das Bosnische Kulturzentrum Saarbrücken e.V. (BKS) und die Islamischen Kulturzentren Saarbrücken e.V. (IKS). Keiner der Vertreter dieser Organisationen hat bislang in irgendeiner Form Anlass für Zweifel an der Zusammenarbeit oder an der Verlässlichkeit gegeben. Sollte sich künftig, wie dies wohl in anderen Bundesländern der Fall war, ein entsprechender Hinweis ergeben, würden wir diesem natürlich sofort nachgehen. 

Sie haben Recht, lieber Herr Strube, der Islamunterricht muss mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, der Verfassung des Saarlandes und den saarländischen Schulgesetzen vereinbar sein.

Es heißt in Artikel 7 des Grundgesetzes: 

„(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.“

und in § 15 des Schulordnungsgesetzes des Saarlands: 

„Religiöse Minderheit, allgemeine Ethik

(1) Beträgt in einer Klassenstufe einer öffentlichen Schule die Zahl einer religiösen Minderheit mindestens 5, so soll für diese Religionsunterricht eingerichtet werden. Unter den gleichen Voraussetzungen wird nach Maßgabe der jeweiligen Schulordnung für Schülerinnen und Schüler, die am Religionsunterricht nicht teilnehmen, ab Klassenstufe 5 Unterricht in allgemeiner Ethik erteilt. Die Teilnahme an diesem Unterricht ist Pflicht.

(2) Wird für eine religiöse Minderheit von weniger als 5 Schülerinnen und Schülern Religionsunterricht eingerichtet, so hat der Schulträger den Unterrichtsraum unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.“

Mit der Einführung des Modellprojekts kommen wir diesem rechtlichen Anspruch der Kinder muslimischer Religionszugehörigkeit in einem ersten Schritt endlich nach. 

Allerdings haben wir in Deutschland noch ein weiteres Versäumnis zu beklagen. Angesichts der Zuwanderung von Menschen mit muslimischer Religionszugehörigkeit über viele Jahrzehnte hinweg wäre die Einführung eines Lehrerstudiengangs Islamischer Religionsunterricht zu einem deutlich früheren Zeitpunkt sinnvoll und auch notwendig gewesen. Ab dem Schuljahr 2019/20 kommen in dem Fach ausgebildete Lehrkräfte nun erstmals auf den Lehrkräftemarkt, sodass wir künftig auf fachspezifisch ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer zugreifen können.“