23.9.2010, Newsletter 24/2010, Medienmitteilung
Die Landeselterninitiative für Bildung hat sich gegenüber den Medien entschieden gegen eine generelle Einschulung mit fünf Jahren ausgesprochen, wie sie die Saarwirtschaft gefordert hat. Es sei ein Irrweg, mit jüngeren Schülern eine noch nie da gewesene Stofffülle zu bewältigen. Dies wäre das Gegenteil von dem, was aus PISA gefolgert werden müsse. Die für deutsche Schüler ungewohnten Textaufgaben, die bei PISA eingesetzt werden, hätten vor Augen geführt, dass an unseren Schulen zu wenig diskutiert und reflektiert werde und die Zeit nicht da sei für einen vernünftigen Wechsel von Anstrengung, Entspannung und Vertiefung. Anfreunden können sich die Eltern mit einer flexiblen Grundschuleingangsphase, wie von Minister Kessler ins Spiel gebracht, sofern die Übergangsphase in den Sekundarbereich ebenso flexibel gestaltet wird und in allen Schulen ein Konzept von individueller Förderung und Herausforderung praktiziert wird.
Wir plädieren nicht dafür, weisen aber darauf hin: In Finnland werden alle und Schweden fast alle Kinder mit sieben Jahren eingeschult (siehe: „PISA-2000, die Klassenstufen der 15-Jährigen"). Dr. Rainer Dollase, Universität Bielefeld: Ältere Kinder lernen schneller als jüngere. Weil das Gehirn weiter entwickelt ist. So können Siebenjährige weit besser als Fünfjährige über sich und ihre eigenen Fehler nachdenken, Symbole verstehen, sich etwas vorstellen, ohne es zu sehen, planen, logische Schlüsse ziehen.
Die Elterninitiative weist darauf hin, dass für rund ein Drittel der Schüler, die nach der heute geltenden Stichtagsregelung früher eingeschult werden, die Wahrscheinlichkeit sinkt, nach der vierten Klasse aufs Gymnasium zu wechseln. Das sei das Ergebnis einer Studie des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). In England werde die Früheinschulung deshalb wieder abgeschafft (Prof. Dollase). Die Ergebnisse der ZEW-Studie offenbarten, dass nicht ausreichend bewusst ist, dass die zu einem Zeitpunkt gemessenen Leistungen der Kinder nicht nur mit ihrer Intelligenz und ihren Fähigkeiten, sondern auch mit dem Alter zu tun hätten. Erkenntnisse des ZEW zeigten zudem, dass früh eingeschulte Mädchen und Jungen später aufholten und viele nach der zehnten Klasse noch ein berufliches Gymnasium oder eine Fachoberschule besuchten. „Damit wird einer Gruppe eigentlich geeigneter Kinder aufgrund ihres relativen Alters für mehrere Jahre der Zugang zum Gymnasium erschwert“, so das ZEW. Eine weitere Analyse des ZEW nach Auswertung der Grundschul-Leseuntersuchung IGLU zeige, dass jüngere Schüler in einer Klasse häufiger unter Mobbing leiden. Handele es sich noch dazu um Jungen oder Kinder mit einem Migrationshintergrund, sei ihr Risiko besonders hoch, von Klassenkameraden körperlich oder psychisch drangsaliert zu werden.
In der Ankündigung des Ministerpräsidenten und CDU-Vorsitzenden Peter Müller, die komplette Beitragsfreiheit des dritten Kindergartenjahres abzuschaffen, und vor allem in seiner Begründung mit Haushaltsnotlage, Steuerausfällen durch die Finanzkrise und Einnahmeausfällen durch Bundesgesetze sieht die Landeselterninitiative für Bildung den Einstieg in Einsparungen bei der Bildung. Immer wieder sei in den letzten Jahren betont worden, welche Zeichen bzw. Maßstäbe mit der Beitragfreiheit gesetzt worden seien. Noch in den Leitlinien der CDU Saar zur Landtagswahl am 30. August 2009, im Koalitionsvertrag und in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten im November 2009 sei die Beitragsfreiheit des dritten Kindergartenjahres betont worden. Die Eltern wollen deshalb von der Regierungskoalition wissen, wie lange der Satz im Koalitionsvertrag tatsächlich Bestand haben wird: "... wird angestrebt, den Anteil der Ausgaben für Bildung und Wissenschaft am Landeshaushalt schrittweise auf 30% zu erhöhen. Dies impliziert, dass der Bereich der Bildungsausgaben bei eventuellen generellen Sparquoten ausgenommen sein wird."