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Position der Landeselterninitiative zu Ankündigungen in der Bildungspolitik

Die Landeselterninitiative für Bildung begrüßt es, wenn in der Bildungspolitik bisherige Barrieren fallen.

Die neue Landesregierung muss, wenn sie die Schulstruktur anpacken will, für einen breiten gesellschaftlichen Konsens werben. Wir haben (angesichts des "Kulturkampfs" in Hamburg) die Sorge, dass viel Kraft verbraucht wird und zu viele Verletzungen entstehen, wenn die Veränderung der Schulstruktur in den Vordergrund rückt. Es ändert sich damit noch nichts an der Qualität des Unterrichts.

Zuallererst muss sich die neue Landesregierung nämlich darum kümmern und Kräfte aufwenden, dass die Unterrichtsqualität steigt, denn:

- Wie in Finnland brauchen die Schulen eine fest verankerte individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler nach dem Prinzip “Kein Kind darf zurückgelassen werden". Individuelle Förderung muss "Pflichtfach" werden, für Lehrer. (So hat die Erfolgsgeschichte Finnlands begonnen. Finnland widerlegt im Übrigen, was in Deutschland oft an Bedenken vorgeschoben wird: Chancengleichheit geht nicht auf Kosten des Leistungsniveaus.)

- Schüler müssen ihr eigenes Lerntempo finden, selbständig eigene Lernwege entdecken und gehen können.

- Dazu müssen die Klassen kleiner werden.

- Schulen müssen auf jeden Fall mehr Selbständigkeit bekommen, damit sie sich pädagogisch entfalten und neue Konzepte ausprobieren können. Wir brauchen einen Wandel von der verwalteten zur lernenden Schule.

- Schulen brauchen einen besseren Tagesrhythmus und mehr Zeit mit den Schülern. D.h. natürlich mehr Lehrerstunden.

- Die sozialpädagogische und schulpsychologische Beratung muss ausgebaut und als Unterstützung des Lernens aufgebaut werden. Erfolgreiche Schulen in Deutschland haben Schulberater und setzen Coachs für Lehrer ein.

Wir begrüßen es, wenn über die "schulische Praxis des Versagens", nämlich das pädagogisch fragwürdige und aufwändige Sitzenbleiben nachgedacht wird. (Etwa 400 Schülerinnen und Schüler wiederholen im Saarland jährlich freiwillig das Schuljahr, 2.900 aber müssen wiederholen. Hinzu kommen jährlich 1.000 Schülerinnen und Schüler, die das Gymnasium abbrechen müssen.)

Wir können uns mittelfristig - nach einem behutsamen Übergang - als Schulform neben dem Gymnasium das Modell des Schengen-Lyceums vorstellen: eine Mischung aus Gymnasium und integrierter Gesamtschule; eine echte Ganztagsschule mit max. 27 Schülern je Klasse, einem differenzierten Konzept für individuelle Förderung und Aufrücken bis Klasse 9, ohne Sitzenbleiben; der am Ende der Klasse 9 erreichte Leistungsstand ist dort ausschlaggebend für die von der Zeugniskonferenz zu vergebenden Berechtigungen (Bildungswege, Abschlüsse) wie  Hauptschulabschluss, Zulassung zu Klasse 10 des berufsbildenden Zweigs oder Klasse 10 des gymnasialen Zweigs. Die neue Schule müsste kooperieren mit "angeschlossenen" Grundschulen.
Ideal wäre eine Schule wie in Finnland, die den Schülern die Sicherheit bietet, erst als 15-16-jährige entscheiden zu müssen, ob sie in der gymnasialen Oberstufe oder in der Berufschule weiterlernen wollen. Mehrere Wege führen dort bis zur Hochschulreife, 94 % der Schüler erreichen sie.

Wir vermissen Aussagen zu Verbesserung der Situation der Berufsschulen, die im Saarland die Stiefkinder der Bildung sind. (Landesweit mehr als 1 800 Wochenstunden Unterrichtsausfall, fachfremder Unterricht, für die Lehrer ständig Prüfungen in verschiedenen Schulformen, Raumnot, überaltertes Kollegium. Viele Schüler nutzen die beruflichen Schulen als Warteschleife. Das Saarland weist an beruflichen Schulen bundesweit mit 26 % die dritthöchste Quote der Ausbildungsabbrüche auf. An beruflichen Vollzeitschulen kommen auf einen Lehrer rechnerisch rund 20 Schüler, der schlechteste Wert in Deutschland.)

Wir wünschen uns Aussagen darüber, wie das allgemeine Bildungssystem für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und besonderen Bedürfnissen beim Lernen mehr geöffnet und ihnen damit gleichberechtigte Teilhabe an Bildung und am Leben in der Gesellschaft ermöglicht wird.

Wir vermissen auch Aussagen über ein Lehrer-Personalkonzept, das eine ausgewogene, gerechte und qualitätsvolle Personalisierung aller Schulen mit Fachlehrern in den nächsten 10 Jahren sicherstellt und Studierenden für das Lehramt Perspektiven gibt.

Dieser Newsletter steht hier als PDF-Datei (Medienmitteilung) zur Verfügung.

Wir haben diese Position in einem Brief auch dem möglichen neuen Bildungsminister Klaus Kessler übermittelt.