30.1.2012, Newsletter 3/2012 und Medienmitteilung
Die Landeselterninitiative für Bildung wirft der Landesregierung vor, bei der Schulreform Stückwerk hinterlassen und die gesetzliche Grundlage nicht fertig gestellt zu haben. Zwar ist mit der Verfassungsänderung vom Juni des vergangenen Jahres einschließlich der Änderung von Schulordnungs-, -pflicht und -mitbestimmungsgesetz die Schulform Gemeinschaftsschule mit ihrer Aufgabenstellung für die Zeit ab 1. August 2012 eingeführt. Doch fehlen die gesetzlichen Bestimmungen für den Übergang: im Wesentlichen, dass die neue Schulform mit den kommenden Klassen 5 aufsteigend beginnt, an welchen Standorten sie errichtet wird und welchen Einzugsbereich sie hat. Und es fehlen überhaupt verbindliche Regelungen für die Qualität von Unterricht und Lernen. Wie das eine neue Regierung nach der Landtagswahl bis zur parlamentarischen Sommerpause hinbekommen soll, ist uns schleierhaft. Die Regierung hat keinen Grund, sich schon für die Schulreform feiern zu lassen. Die Situation schafft erneut Unsicherheit in den betroffenen Schulgemeinschaften. Und das in einer Situation, in der viel zu wenig Zeit und Ressourcen zur Vorbereitung auf die neue Aufgabe zur Verfügung stehen und zudem die Frist zur Anmeldung der Schülerinnen und Schüler für die weiterführenden Schulen kurz bevorsteht (8. bis 14. Februar 2012).
Die Landeselterninitiative für Bildung hat deshalb heute Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer in einer E-Mail, die auch allen Schulen und als Pressemeldung den Medien zuging, über diesen Tatbestand informiert und gebeten, eine Lösung für das Problem zu nennen. Über die Antwort der Ministerpräsidentin werden wir mit einem eigenen Newsletter informieren.
Zum Hintergrund:
Artikel 2 des die Verfassung ändernden Gesetzes vom Juni 2011 (Amtsblatt S. 236) bestimmt: "Dieses Gesetz und das Gesetz zur Änderung schulrechtlicher Gesetze 2011 treten am 1. August 2012 in Kraft. Die Erweiterten Realschulen und Gesamtschulen werden in den zum Schuljahr 2012/13 bestehenden Klassen 6 bis 10 auslaufend fortgeführt. Ab dem 01. August 2017 wird die gymnasiale Oberstufe der auslaufenden Schule gymnasiale Oberstufe der Gemeinschaftsschule."
Mit einem Gesetzentwurf der Regierung vom 19. Oktober 2011 (Landtagsdrucksache 14/598) sollten (neben der Einführung von Mindestschülerzahlen und der Voraussetzung des Einvernehmens mit den Schulträgern bei strukturrelevanten Entscheidungen) die notwendigen Regelungen für den Übergang zur Gemeinschaftsschule getroffen werden: im Wesentlichen, dass sie mit den kommenden Klassen 5 aufsteigend beginnt, an welchen Standorten sie errichtet wird und welchen Einzugsbereich sie hat.
Dieser Gesetzentwurf blieb nach erster Lesung, Anhörung und Beratungen im Bildungsausschuss im Landtag hängen. Dem Vernehmen nach soll es zwischen SPD und Regierungskoalition Differenzen gegeben haben bei den Mindestgrößen der Grund- und weiterführenden Schulen, aber vor allem auch, weil der Gesetzentwurf keine Regelungen für die Qualität der neuen Gemeinschaftsschulen enthielt. Wie die Änderung des Lehrerbildungsgesetzes hätten aber wenigstens die Bestimmungen zum Übergang zur Gemeinschaftsschule noch in der letzten Landtagssitzung verabschiedet werden können. So bleibt ihre gesetzliche Grundlage unfertig.
Hier der ursprünglich vorgesehene § 63 (neu) des Schulordnungsgesetzes (Landtagsdrucksache 14/598):
Übergangsvorschriften für die Einführung der Gemeinschaftsschule
(1) Zum 1. August 2012 werden an den jeweiligen Standorten der bestehenden Erweiterten Realschulen und Gesamtschulen durch dieses Gesetz Gemeinschaftsschulen errichtet, soweit dort in mindestens einem der Schuljahre von 2009/10 bis 2011/12 in die Klassenstufe 5 mehr als eine Klasse aufgenommen wurde; die Möglichkeit, diese Schulen mit anderen Schulen zusammenzulegen (§ 9 Abs. 3 Satz 2), bleibt unberührt.
Für die Gemeinschaftsschulen wird das Gebiet der jeweiligen Sitzgemeinde als Einzugsbereich festgelegt. Schülerinnen und Schüler, die in diesem Einzugsbereich ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorrangig aufzunehmen. Sofern eine Gemeinde nicht Sitzgemeinde einer Gemeinschaftsschule ist, werden dortige Schülerinnen und Schüler vorrangig in Gemeinschaftsschulen der angrenzenden Gemeinden des jeweiligen Landkreises beziehungsweise des Regionalverbandes aufgenommen.
(2) Die am 1. August 2012 bestehenden Erweiterten Realschulen und Gesamtschulen werden in den zum Schuljahr 2012/13 bestehenden Klassen 6 bis 10, an den Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe auch in den Jahrgangsstufen 11 bis 13, bis einschließlich des Schuljahres 2016/17 auslaufend fortgeführt. Am 1. August 2017 wird die gymnasiale Oberstufe der auslaufenden Schulen gymnasiale Oberstufe der Gemeinschaftsschule.
(3) Für die auslaufend fortgeführten Schulen und die Erweiterte Realschule in Abendform finden die sie betreffenden schulrechtlichen Regelungen bis ein-schließlich des Schuljahres 2016/17 weiterhin Anwendung bzw. gelten in der jeweils geltenden Fassung. Der durch Erlass vom 5. August 2008 (Amtsbl. S. 1325), geändert am 9. Juli 2009 (Amtsbl. S. 1185), eingerichtete Schulversuch zur Vorbereitung von Schülern und Schülerinnen des auf den Erwerb des mittleren Bildungsabschlusses bezogenen Bildungsganges an Erweiterten Realschulen auf den Übergang in die gymnasiale Oberstufe wird bis einschließlich des Schuljahres 2016/17 fortgeführt.
(4) Die in § 9 Abs. 2 Nr. 2 getroffenen Regelungen gelten für Gemeinschaftsschulen mit der Maßgabe, dass die dort genannte Mindestschülerzahl erstmals ab dem Schuljahr 2016/17 für den geordneten Schulbetrieb zu Grunde zu legen ist; § 9 Abs. 3 bis 6 findet insofern bis dahin keine Anwendung.“