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Demokratiepädagogik - Demokratielernen und Demokratieleben fördern

 

Februar 2019 hat sich im Saarland ein Landesverband der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik gegründet. Ziel der Gründerorganisationen, darunter die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die Landeselterninitiative für Bildung und die Landesschülervertretung sowie die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule, und der einzelnen Mitglieder vorwiegend aus dem Bildungsbereich ist es, das Demokratielernen zu fördern und Demokratie als Lebensform zu vermitteln. Wir wollen dazu beitragen, dass Mitwirkung und demokratisches Engagement, Eigeninitiative und Gemeinsinn im täglichen Leben gestärkt werden und dafür den Blick auf die Handlungsfelder schärfen. Alle Kinder und Jugendlichen sollen von klein auf Demokratie lernen, leben und gestalten können. Demokratie ist eine kreative Gesellschaftsform, wenn Menschen sich dafür engagieren, politische und soziale Probleme anzupacken und die Welt mitzugestalten. Demokratie lebt von Diskurs und Kritik, Gestaltungsmöglichkeiten und Beteiligung. Nur wenn Demokratie als Gesellschafts- und Lebensform erfahrbar wird, ist ihre Verfassungsordnung zukunftsfähig. Nur wenn Demokratie als Lebensentwurf überzeugt, haben ihre Gegner keine Chance.

In zehn Zielen hat der neue Landesverband sein Programm umrissen.

  1. Alle Bildungseinrichtungen im Saarland stärken die demokratische Handlungskompetenz aller hier lebenden Menschen. Demokratische Handlungskompetenz umfasst die kognitive Fähigkeit, die ethische Reflexion und soziale Bereitschaft zur Teilhabe und aktiven Gestaltung demokratischer Gesellschafts- und Lebensformen.

  2. Strukturen und Lernarrangements aller Bildungseinrichtungen des Saarlandes fördern und verbessern die Teilhabe am demokratischen Leben. Lehrpläne, Leitbilder, Hausordnungen, pädagogische Methoden, Kooperationen und Organisationsformen von Bildungseinrichtungen ermutigen immer auch zu bürgerschaftlichen Engagement. Demokratische Schul- und Unterrichtskultur werden als wichtige Qualitätskriterien anerkannt.

  3. Mitwirkung, Selbst- und Mitbestimmung finden auch im Unterricht statt. Durch eine Öffnung des Unterrichts treffen die Lernenden zunehmend Entscheidungen selbst oder sind an diesen Entscheidungen beteiligt. Die Selbst- und Mitbestimmung umfassen die Organisation (Sozialform, Bearbeitungsreihenfolge von Aufgaben, Arbeitszeit und -ort etc.), die Methoden (Lernwege, Lernziele etc.) und Inhalte (Lerngegenstand) des Unterrichts.

  4. Der Klassenrat ist als fester Bestandteil in den wöchentlichen Stundentafeln aller Jahrgänge und Schulformen verankert. Lehrkräfte sind mit entsprechenden Deputatsstunden auszustatten. Der Klassenrat wird zum Ort erlebter Demokratie. Um die Qualität des Klassenrates zu garantieren, werden unter anderem Hospitationsnetzwerke aufgebaut.

  5. Unabhängig von der Herkunft der Jugendlichen vermitteln Jugendgruppen, Jugendzentren und weitere Einrichtungen der außerschulischen Jugendbildung Erfahrungen von Zugehörigkeit, Anerkennung, Teilhabe und Selbstbestimmung. Die im Saarland bestehenden Ansätze zur Selbstverwaltung begrüßen wir ausdrücklich und möchten sie gerne weiteren Teilen der Gesellschaft zugänglich machen.

  6. Differenzen und Konflikte werden innerhalb eines demokratischen Miteinanders gelöst. Hierfür werden demokratiepädagogische Ansätze praktiziert und reflektiert. Das sind beispielsweise Anti-Diskriminierung-Training, Mediation und Konsultationsgremien wie Jugendparlament, Klassenrat oder Bürgerhaushalt.

  7. Eine Feedback-Kultur ist Standard der schulischen Qualitätsentwicklung, bei Evaluationen, im Unterricht und bei außerunterrichtlichen Angeboten. Strukturierte, wertschätzende und konstruktive Rückmeldungen regen individuelle Lern- und institutionelle Entwicklungsprozesse an.

  8. In Aus- und Fortbildungen erweitern alle Fachkräfte entlang der Bildungskette (von der Kita bis zur Hochschule) ihren Blick für partizipative Formen des Lernens und Lebens. Die eigene Bildungsbiografie wird dabei reflektiert. Demokratiepädagogische Inhalte und Methoden sowie deren praktische Umsetzung werden fester Bestandteil in allen drei Phasen der Lehrer*innenbildung.

  9. Das Schulmitbestimmungsgesetz wird auf die veränderten gesellschaftlichen Gegebenheiten und wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst: Das bedeutet mindestens, dass die repräsentative Mitbestimmung über Schüler*innen-Vertretung deutlich früher als ab aktuell Klasse 8 einsetzt. Und dass eine Rechtsgrundlage für basisdemokratische Elemente wie Klassenrat und Schulparlament geschaffen wird. Das Schulmitbestimmungsgesetz sichert Schüler*innen eine verbindliche Aufklärung über ihre Rechte zu und ermöglicht die Nutzung von Online-Mitwirkungs-Plattformen. Ebenso sind die Erziehungs- und Sorgeberechtigten über ihre Rechte aufzuklären und in ihrer Durchsetzung zu stärken.

  10. Ein langfristiges Projekt ist der Demokratietag Saarland. Sein primäres Ziel ist die Vernetzung und der Austausch der demokratiepädagogischen Akteure aus Schule, Lehrpersonenbildung, Forschung und Politik. Der Demokratietag Saarland schafft Raum für Diskussion und Netzwerke, um aktuelle Themen zu besprechen, neue Handlungsfelder zu erschließen und bestehende Projekte zu evaluieren.

Hintergrund:
Die Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. (DeGeDe - www.degede.de) setzt sich als gemeinnützige Organisation für Demokratie im Bildungswesen ein. In der DeGeDe engagieren sich Fachleute aus Wissenschaft, Schulforschung und Schulpraxis, Verlagswesen und Bildungspolitik mit Eltern, Schüler*innen sowie Studierenden. Gemeinsam sind sie in der demokratiepädagogischen Wissenschaft und Praxis aktiv. Die Gesellschaft besteht seit 2005. Sie hat sich aus dem aktiven Netzwerk des bundesweiten BLK-Programms „Demokratie lernen & leben“ (2002-2007) gegründet. Leitbild der Gesellschaft ist das "Magdeburger Manifest". Es beschreibt in 10 Punkten, warum demokratiepädagogische Aktivitäten in Deutschland engagiert vorangebracht werden müssen.
Regional- bzw. Landesverbände der DeGeDe gibt es inzwischen in Berlin-Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland.