15.3.2010, Newsletter 8/2010
Aus insgesamt 162 Bewerbungen hat eine unabhängige Jury in einem mehrstufigen Auswahlverfahren jetzt fünfzehn Schulen für den Deutschen Schulpreis 2010 der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung nominiert. Sprecher der Jury ist Professor Peter Fauser vom Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Jena. Die für den mit insgesamt 230 000 Euro dotierten Preis nominierten Schulen reisen mit einer Delegation aus Schülern und Lehrern zur Preisverleihung nach Berlin. Am 9. Juni 2010 ehrt Bundeskanzlerin Angela Merkel die Preisträger in der Sankt-Elisabeth-Kirche.
Grundlage des Deutschen Schulpreises - wie des Saarländischen Schulpreises - ist ein umfassendes Bildungsverständnis. Dabei orientiert sich die Jury an sechs Qualitätsbereichen: Leistung, Umgang mit Vielfalt, Unterrichtsqualität, Verantwortung, Schulleben und Schule als lernende Institution. Um die Innovationskraft der Preisträger für die Schulentwicklung in Deutschland zu nutzen, gehören die ausgezeichneten Schulen für drei Jahre der Akademie des Deutschen Schulpreises an.
Insgesamt werden sieben Schulen ausgezeichnet: Der Hauptpreis ist mit 100 000 Euro ausgestattet; vier weitere Preise sind mit je 25 000 Euro dotiert. Außerdem werden zwei Sonderpreise in Höhe von je 15 000 Euro vergeben: Der "Preis der Jury" würdigt eine Schule, die unter ungewöhnlichen, oft ungünstigen Bedingungen Hervorragendes leistet. Der "Preis der Akademie" ehrt eine Schule, die auf einem besonderen Gebiet mit ihrer eigenen "pädagogischen Erfindung" Außergewöhnliches vollbringt.
Näheres zum Deutschen Schulpreis unter http://schulpreis.bosch-stiftung.de/content/language1/html/index.asp.
Wir, die Landeselterninitiative für Bildung haben uns für eine grundsätzliche gemeinsame Erziehung und Bildung von Kindern mit und ohne Behinderung in den Regelschulen ausgesprochen. Wir wollen Schulen, in denen Kinder lernen, mit Unterschieden zu leben, in denen Kinder so angenommen werden, wie sie sind, ohne beschämt oder für ihr Anderssein bestraft zu werden. Deshalb brauchen wir eine Politik, die die UN-Behindertenrechtskonvention, die unmittelbar geltendes Recht ist, nicht unter einen Finanzvorbehalt stellt, sondern die eine Inanspruchnahme des Wahlrechts tatsächlich ermöglicht. Wir begrüßen ansonsten die Absicht von Bildungsminister Kessler, vom bisherigen Kurs des Ministeriums weg zu kommen, und plädieren für eine vorurteilsfreie Diskussion. Lernbehinderte Schüler haben in der Regelschule im Schnitt 1 bis 1 1/2 Jahre Lernfortschritt gegenüber lernbehinderten Kindern in der Sonderschule (wissenschaftliche Untersuchung von Prof. Hans Wocken, Demmer-Dieckmann, Textor (Hrsg.): Integrationsforschung und Bildungspolitik im Dialog, 2007). Spezielle Bedürfnisse beim Lernen oder beim Zugang zu Bildung sind kein Anlass, Kinder und Jugendliche aus dem allgemeinen Bildungssystem an Förderschulen zu verweisen. Vielmehr muss in Umfang und Qualität eine bedarfsgerechte Förderung, Unterstützung und Assistenz zu den Kinder gebracht werden. Lehrkräfte müssen Fortbildung, Begleitung und Unterstützung zur Umsetzung des inklusiven Bildungsanspruchs bekommen.
In diesem Zusammenhang weisen wir auf das Beispiel der vorbildlichen Arbeit der Saarbrücker Grundschule Am Ordensgut hin. Die Schule hat im vergangenen Jahr den Saarländischen Schulpreis erhalten. Aus dem Lob der Jury: "Die Schule weist einen überdurchschnittlich hohen Anteil von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf und zählt deswegen auch sonderpädagogische Lehrpersonen zu ihrem Kollegium. Eine Reihe von behinderten Kindern kommt aus andern Grundschulbezirken hierher, weil sich herumgesprochen hat, dass hier sehr gute unterrichtliche und atmosphärische Bedingungen für Integration bestehen. Das Beispiel dieser Schule zeigt uns: Wo gemeinsamer Unterricht für nichtbehinderte und behinderte Kinder gelingt, ist der Boden auch für andere schulpädagogische Reformen bereit; da sind optimale Fortschritte in Leistung und sozialer Entwicklung aller Kinder gesichert."
In seiner Analyse des deutschen Bildungssystems im Jahr 2007 hatte der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung, Vernor Munoz, darauf hingewiesen, dass es Kinder mit Behinderung und Kinder aus Migranten- oder sozial schwachen Familien ausgrenze. Zudem hatte Munoz kritisiert, dass es kein wirksames Schulwahlrecht für Eltern von behinderten Kindern gebe. Es gelte in Deutschland der Grundsatz, dass sich die Kinder dem Bildungssystem anpassen müssten, statt umgekehrt.
Das am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Ratifizierungsgesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Bundesgesetzblatt vom 31.12.2008, S. 1419) legt den Bildungsministerien die Pflicht auf, Bedingungen für die Einbeziehung behinderter Kinder an den Regelschulen zu schaffen. Denn die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen fordert die Vertragspartner unmissverständlich auf, für „inclusive education“ Sorge zu tragen. Das bedeutet nach Auffassung der Landeselterninitiative: alle Kinder müssten in allgemeinen Schulen in heterogenen Lerngruppen der Vielfalt der Begabung entsprechend unterrichtet werden, die nötige individuelle Unterstützung muss zum Kind gebracht werden.